NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN

NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN


 

Die Vernissage ist am Sonntag, den 27. August 2006. Beginn 11.00 Uhr auf dem Untergut. Carsten Ahrens, Direktor Neues Museum Weserburg Bremen, wird in die Ausstellung einführen.


In diesem Jahr sind folgende KünstlerInnen beteiligt:

      Antje Bromma
      Susan Donath
      Hlynur Hallsson
      Peter Lundberg
      Reiner Maria Matysik
      Rita McBride
      Uwe Schinn
      Sebastian Schrader
      Alexander Steig
      Hina Strüver
      Matten Vogel
      Jürgen Witte


Editorial      Einführung. M. Wolfson     Sponsoren     english version


 


Editorial

Im Südwesten Hannovers trifft man auf eine der schönsten und vielfältigsten Kulturlandschaften Niedersachsens – das Calenberger Land. In dieser ländlich geprägten Gegend liegen zahlreiche Güter mit ihren Gärten und Parks.

Im Jahre 1999 gründeten Rittergutsbesitzer, Künstler aus der Region sowie Kunstinteressierte den Verein Neue Kunst in alten Gärten e.V.. Der Verein zeichnet für das gesamte Skulpturenprojekt verantwortlich. Dieser hat die Ausstellungsidee entwickelt und stellt die Gärten als Ausstellungsorte zur Verfügung.

Als eine seiner wichtigsten Aufgaben sieht der Verein die Förderung junger Künstler. Gerade ihnen möchte er die Möglichkeit geben, zusammen mit international bekannten Künstlern auszustellen.Die beiden für das Skulpturenprojekt ausgewählten Gärten des Ober- und Unterguts in Lenthe sind im Stil des englischen Landschaftsgartens des 18. Jahrhunderts angelegt.

Nach dem großen Erfolg der ersten Ausstellung 2004 freuen wir uns, das zweite Projekt zu realiseren. Die Kuratoren Hannes Malte Mahler und Hartmut Stielow haben mit Auswahl und intensiver Betreuung der Künstler einen spannungsreichen und subtil faszinierenden Parcours geschaffen.

Im Dialog mit der hohen Kultur der Gärten und den sachten Irritationen durch die sehr unterschiedlichen Positionen zeitgenössischer Installationen versprechen wir Ihnen intensive Momente.


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Michael Wolfson

Die Natürlichkeit der Kunst in der künstlichen Natur

Manchmal sind die Grenzen zwischen Natur und Kunst klar definiert und unverkennbar.

Ein Gebäude oder ein Bildwerk steht da und will sich, bei allen dialogischen Bestrebungen mit der Umgebung, behaupten.

Und manchmal sind die Grenzen so fließend und die fraglichen Kunstwerke in diesem Kontext so vertraut, ja so „natürlich”, dass man sie kaum bemerkt. Oder man hält sie zunächst für etwas, das zwar offensichtlich fremd ist aber doch dazu gehört.

Das fängt schon mit der Gattung des englischen Gartens an, in dessen Tradition die Parks von Obergut und Unter gut in Lenthe stehen. Als Gegenentwurf zu den formal streng angelegten, geometrisch bestimmten französischen Gärten aus dem Geist des Absolutismus im Zeitalter des Barock, entwickelte sich der aufklärerische englische Landschaftsgarten. Er wird im Laufe des 18. Jahrhunderts ein von Gartenkünstlern zwar kultivierter und gepflegter, aber der Natur angenäherter Park, der bestimmte Gefühlswerte ausdrücken sollte.

Wie in den Parkanlagen von Lenthe ersichtlich, haben wir es bei den Landschaftsgärten mit weit angelegten Rasenflächen zu tun, durch die sich Wege ziehen und wo zwischen malerischen, natürlich wirkenden Teichen solitäre Bäume und kleinere Gruppen gepflanzt wurden.

Es ist letztlich alles Kunst, was hier in der Natur stattfindet, und heute würde man solch ein begehbares Kunstwerk eine Installation nennen.

Hier ist keine natürliche Natur zu finden, sondern eine von Menschenhand mit einem Sinn für Ästhetik und Dramaturgie unter Verwendung der Materialität und des Vokabulars der Natur gestaltete Natur.

Aber alles ist so natürlich, dass wir leicht vergessen, dass es sich hier um ein Beispiel inszenierter Natur handelt.

Und so sah es der englische Dichter Joseph Spence, der 1752 den Garten „als eine Gemäldegalerie unter freiem Himmel” definierte und somit vor über 250 Jahren ein fast perfektes Motto für die diesjährige Auflage der Reihe „Neue Kunst in alten Gärten” im Ober- und im Untergut von Lenthe, südwestlich von Hannover im Calenberger Land, erdachte.

Hier findet ein Zusammenspiel von Natur und Gegenwartskunst statt, das im Sinne des englischen Landschaftsparks betrachtet werden kann. Ein Parcours der Überraschungen ist entstanden – aber nicht nur aus diesem Grund muss hier aufgepasst werden.

Die Werke der zwölf hier vertretenen, national und international bekannten Künstlerinnen und Künstler schmiegen sich den Lenther Parks in ungewöhnlicher Weise an.

Mit Artefakten und Anspielungen aus der Welt und Umwelt von Parks und Garten arbeiten die temporären künstlerischen Interventionen der diesjährigen Ausstellung.

Die malerischen Plastiken und plastischen Malereien, konzeptionelle Arbeiten der unterschiedlichen Gattungen, übernehmen gewissermaßen die Funktion der künstlichen geschichts- und emotionsgeladenen Ruinen, Tempel und exotischen Denkmäler, die in der Gestaltung englischer Gärten eine so zentrale identifikationsstiftende Rolle hatten.

Sie greifen auf Bekanntes und Vertrautes aus dem Kontext Park zurück, zitieren Gängiges, das aber dann verwandelt, gebrochen und so weit verfremdet wird, dass es gar nicht fremd wirkt, sondern herrlich normal.

Keinesfalls versteckt, müssen sie doch im übertragenen Sinne gesucht und zwischen den übrigen nützlichen, unnützen und zufälligen Elementen ausgemacht werden.

Und dennoch überraschen sie durch die natürliche Selbstverständlichkeit, die ihre durchaus selbstbewusste Anwesenheit hier entfaltet. Und sie verlangen all unsere Aufmerksamkeit – ein bewusstes aber auch vergnügtes Wahrnehmungserlebnis.


Literatur: Adrian von Buttlar, Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des
Klassizismus und der Romantik, Köln 1989, Martin Warnke: Politische
Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, München/Wien 1992


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mit freundlicher Unterstützung durch





















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Editorial

To the southwest of Hannover, visitors encounter one of Lower Saxony’s most beautiful and diverse cultivated landscapes – the Calenberger Land. Countless manors with parks and gardens can be found in this rural region.

In 1999, manor owners, regional artists, and individuals interested in the arts founded the non-profit “Verein Neue Kunst in alten Gärten e.V.” (The New Art in Old Gardens Association), which is responsible for the entire sculpture project. The association developed the concept for this series of exhibitions and made the gardens available as venues.

One of the association’s most important tasks is the advancement of young artists. They are especially the ones, whom the association wishes to give the chance of exhibiting along side internationally known artists.

The two gardens chosen for the sculpture project, the Upper and Lower Manors in Lenthe, are both landscape gardens in the English style of the eighteenth century.

After the great success of the first exhibition in 2004, we are pleased to be able to realize this second project. With their selection of the participating artists and the demanding work with them, the curators, Hannes Malte Mahler and Hartmut Stielow, have created a tension-filled and subtly fascinating parcours. We expect that the dialogue between the high art of the garden and the fine irritations offered by the very different works of contemporary art will provide visitors with an intensive experience.

Neue Kunst in alten Gärten e. V



Michael Wolfson

The Naturalness of Art in an Artificial Nature

The borders between nature and art are some-times clearly defined and unmistakable. A building or a sculpture stands there demanding to be noticed regardless of all desires to enter into a dialogue with its surroundings.

And sometimes the borders are so fluid and the artworks in question so familiar in this context, so “natural”, that you often hardly notice them. Or you initially consider them as objects that, while obviously foreign, seem like they really belong there.

This can already be recognized in the genre of the English-style landscape garden, the tradition in which the Upper and Lower Manors in Lenthe were designed. As a contrast to the formally stringent and geometrically organized french-style baroque gardens born out of the spirit of absolutism, the enlightened English-style landscape gardens developed by landscape artists over the course of the eighteenth century were cultivated and maintained parks that approached nature more closely with the intention of expressing certain emotions.

As can be seen in the Lenthe park, landscape gardens have expansive lawns with paths that liberally twist and turn and where appropriately fitting trees and woods were planted around picturesque and seemingly natural brooks. In the end, it is all art that takes place here in nature and nowadays such site-specific works would be called installations.

We do not find a natural nature here, but rather a nature designed by man with a feeling for aesthetics and drama using the materials and vocabulary of nature. And it is all so natural that we can easily forget that we are dealing with an example of staged nature.

And that is the way the English poet Joseph Spence also saw it when he defined the landscape garden in 1752 as an open-air painting gallery, thus coming up over 250 years ago with an almost perfect motto for this year's edition of the exhibition series “Neue Kunst in alten Gärten” (New Art in Old Gardens) in the Upper and Lower Manors in Lenthe to the southwest of Hannover in the Calenberg region.

A cooperation between nature and contemporary art is to be found here that can be seen in the light of the landscape garden. A parcours full of surprises has been created. But this is not the only reason to pay attention. The works by the 12 nationally and internationally known artists represented here are nestled quite unusually in the Lethne landscape park. The temporary artistic interventions in this year’s “Neue Kunst in alten Gärten” exhibition utilize artifacts and allusions from the world and environment of parks and landscaped gardens. The painterly sculptures and the sculptural paintings, the conceptual works of the most diverse artist genres assume to some extent the function of the various artificial, historically and emotionally charged ruins, temples and other exotic monuments that played such a central identificational role in the design of landscape gardens. They make references to well-known and familiar features from the context of landscape gardens and quote common elements which are then transformed, broken, and alienated to such an extent that they do not seem foreign in the park, but wonderfully normal instead. They are certainly not hidden, but they must never theless be sought out in a figurative sense and identified among the various useful, useless, and coincidental elements found there.

And yet, they surprise us with the natural naturalness and the completely self-assured presence they unfold here. And they demand all our attention, a very conscious, albeit a very pleasurable experience of perception.


Adrian von Buttlar, Der Landschaftsgarten. Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln 1989, M. Warnke: The Political Landscape. An Art History of Nature, Cambridge (MA) 1995.

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