Philipp Morlock
Tod und Leben
Morlocks Werk „Über das Verschwinden” (2012) bildet einen
überaus eindrucksvollen Auftakt beim Rundgang durch den Park
des Unterguts. Indem seine Installation unterschiedliche Wirklichkeiten zusammenzieht, hält sie wie von selbst den Blick des
Betrachters fest.
Ein altes Boot navigiert auf dem grünen Rasen. Statt eines
Ruderers trägt es einen Bunker aus Beton, gerade groß genug
für eine Person. In Dimensionen und Faktur erinnert dieser
Bunker beklemmend an einen Krieger, der in einer Art Rüstung
steckt. Statt des Gesichts sieht man nur einen Augenschlitz.
Zugleich lassen das Boot, das ihn trägt, und sein Ruder aber
auch an einen Fährmann denken.
Das ist ganz im Sinne des Künstlers, der in einer Beschreibung
seines Werks an den antiken Mythos erinnert, in dem Charon die
Toten über den Styx rudert, um sie vom Diesseits ins Jenseits zu
bringen. Dass der Tod in gewisser Weise gewaltsam jedes Leben
abschneidet, dafür steht das Furcht erregende Bild des Bunkers,
der die Wirklichkeit des zweiten Weltkriegs ins Gedächtnis ruft.
Und mit ihm die Bunkeranlagen an der Atlantikküste, über die
Paul Virilio geschrieben hat. Der französische Philosoph sah den
Tod, den sie abwehren sollten, bereits ihrer Architektur eingeschrieben.
Morlocks widersprüchliches, metonymisches Werk hebt beides
in sich auf: das Bild des fließenden, vitalen und beweglichen
Lebens und die Starre und Kälte des unausweichlichen und unvermeidlichen Todes. Gerade das Letztere macht es zu einem
ebenso paradoxen wie bezwingenden Plädoyer für das Leben.
(Michael Stoeber)
„Über das Verschwinden”,
Boot, Beton
2012
Vita
** 1974 in Pforzheim
lebt und arbeitet in Mannheim
1998–2003 Staatliche Akademie der Bildenden Künste,
Karlsruhe
1998–2003 bei Prof. Andreas Slominski und Prof. Harald
Klingelhöller
2003–2004 Meisterschüler bei Prof. Harald Klingelhöller
2009 Heinrich-Vetter-Preis für Bildende Kunst
2008 Daniel-Henry-Kahnweiler-Förderpreis
2005 Stipendium ‘Junge Kunst in Essen’
2004 Landesgraduierten Stipendium des Landes Baden-
Württemberg
2002–04 Studienstiftung des Deutschen Volkes
Einzelausstellungen (Auswahl)
2012 Einstiegshilfen, kjubh, Köln
2012 Alleine im Cafè zu Hause, Galerie der Spiegel, Köln
2012 Über das Verschwinden, L6, Freiburg
2010 Reinraus, Theo Kerg Museum Schriesheim
2009 Agora, Kunstverein Mannheim
2009 Tour 09, Karlsruhe, Stuttgart, Mannheim
2009 Wandermönche, Kunstverein Schallstadt
2008 Mantelabteilung, Kunstverein Mönchengladbach
MMIII
2008 schnelle Frauen schöne Autos, Kunstverein
Pforzheim
2007 Wo ist Inge?, Galerie Iris Kadel, Karlsruhe
2006 Ich bin schon da, Kunsthaus Essen