NEUE KUNST IN ALTEN GÄRTEN

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Paolo Grassino
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Hallraum des Herzens

Paolo Grassinos Skulptur zeigt uns das menschliche Herz, wie wir es in der Kunst so bisher nicht gesehen haben. Als einen riesigen, 1,75 m hohen, 2,27 m langen und 1,45 m breiten, aus grauem Aluminium gegossenen Herzmuskel. Naturalistisch einerseits. Er liegt auf seinem Sockel wie auf einer Schale, als sei er bereit zur Transplantation. Andererseits durch schiere Größe monumentalisiert und durch die Materialfarbe verfremdet. Ein Denkmal seiner selbst.

Der medizinische Titel des Werks „Cardiaco” (2006) unterstreicht seine Fokussierung auf das Organische. Der komplexere, das Herz in allen seinen Facetten einschließende Begriff heißt im Italienischen „cuore”. Eine Unterscheidung, die wir im Deutschen nicht kennen.

Indem der Künstler unseren Blick schmerzhaft deutlich auf die reine Anatomie des Herzens lenkt, wischt er handstreichartig jede Senti mentalität, auch jeden Kitsch, fort, die sich in Jahrhunderten um das Motiv angelagert und es als Sujet für jeden Künstler beinahe unbrauchbar gemacht haben. Aber gerade weil Paolo Grassinos Herz in reiner Faktizität erstrahlt, bleiben die von ihm ausgehenden Anmutungen bei ihr nicht stehen. In den pulsierenden Linien seiner Skulptur entdecken wir einmal mehr, wie groß und kostbar und wie fragil und verletzlich das Leben ist. Dabei mag uns im Angesicht der Skulptur und im Hinblick auf das Ausstellungsthema ein ebenso schöner wie tiefer Gedanke Pascals einfallen, den er in ein wunderbares Wortspiel gekleidet hat: „Le coeur a des raisons que la raison ne connaît pas.” Das Herz hat Gründe, die der Verstand nicht kennt.

(Michael Stoeber)


„Cardiaco”
Aluminium
2006




Vita

* 1967

2012 Beaufort on the coast of Belgium
2011 4th Moscow Biennale MACRO, Rom
2010 Castello di Rivalta, Turin
2008 Musée d’Art Moderne de Saint-Étienne

2011 Gran Torino, Frost Art Museum, Miami
Senza Rete, Loft Project ETAGI, Saint Petersburg (2011),
Essential Experience, RISO - Palermo Museum of
Contemporary Art (2009).

2005 Armilla at Fondazione Palazzo Bricherasio, Turin
2000 GAM, the Modern and Contemporary Art Gallery of Turin



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